Leitbild

Swiss Competence Center for
E-Voting Technologies

Einleitung

Wir sind eine Gruppe von Professoren und Forscher von Universitäten (zur Zeit die Universitäten Freiburg und Lausanne so wie die ETH Zürich) und Fachhochschulen (zur Zeit Bern und Rapperswil), welche sich für sichere und zuverlässige Online-Wahlsysteme einsetzen wollen. Unser Ziel ist es, ein schweizerisches Kompetenzzentrum für technische Belange von Online-Wahlsystemen aufzubauen. Die Gruppe will sich bewusst auf die technischen Belange von Online-Wahlsystemen fokussieren. Politische und juristische Aspekte sollen zwar berücksichtigt werden, gehören aber nicht zum Kerngeschäft.

Die Gruppe wird zur Zeit durch Eric Dubuis, Berner Fachhochschule, vertreten.

Ziele und Mission

Das Recht zu wählen oder abzustimmen ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Online-Wahlsysteme und die in ihrem Zusammenhang stehenden Prozeduren müssen mit den Prinzipien der klassischen Wahl und Abstimmung in Einklang stehen.

Die Einführung von Online-Wahlsystemen in bestehende Wahlprozesse hat zu einer lebhaften Debatte zwischen den Enthusiasten und den Skeptikern von Online-Wahlsystemen geführt. Strittige Punkte sind unter anderem die Kompatibilität der Online-Wahlsysteme mit existierenden legalen und konstitutionellen Prinzipien und die Frage, wie man diese Systeme am besten konzipiert, so dass sie bestmögliche Sicherheit, Vertraulichkeit und Zuverlässigkeit bieten und doch leicht zu gebrauchen sind.

Online-Wahlsysteme, die das Internet benutzen, sind besonders umstritten, denn die weite Verbreitung des Internets beflügelt eine grosse Zahl von böswilligen Aktoren wie Hackern, Programmierern von Computer-Viren, organisierte illegale Gruppierungen, Terroristen, politische Organisationen oder gar Verwaltungen Online-Wahlsysteme zu stören, mit dem Ziel, sie unbrauchbar zu machen oder die Wahlergebnisse zu verfälschen.

Obwohl die Debatte zwischen Enthusiasten und Skeptikern noch nicht ausgestanden ist, wurde in der Schweiz eine erste Etappe von Pilotversuchen der Kantone Genf, Neuenburg und Zürich in enger Zusammenarbeit mit dem Bund durchgeführt. Das Fazit des entsprechenden Evaluationsberichts1 des Bundes ist durchaus positiv.

Aus der Sicht der Wissenschaft stellen sich dennoch für alle drei Online-Wahlsysteme Fragen wie:

  • Wie sehen die Systemmodelle aus, welche die Eigenschaften der Wahlsysteme wie Stimmgeheimnis, einmalige Abgabe der Stimme, Unveränderbarkeit der Stimme, Richtigkeit des Zählprozesses und Nachvollziehbarkeit garantieren?
  • Welches sind die Bedrohungsmodelle und die Sicherheitsrisiken von Online-Wahlsystemen?
  • Welche spezifischen Massnahmen wurden für jedes der Online-Wahlsysteme getroffen, um diese Risiken zu minimieren?

Wir wollen uns obigen und anderen Fragen widmen. Wir wollen mitwirken, indem wir bestehende Systeme analysieren und modellieren. Wir wollen allgemeine Bedrohungsmodelle aufstellen und anhand dieser die Sicherheitsmerkmale bestehender Systeme, wo möglich, bestätigen. Dort, wo wir gemäss den Modellen Mängel vermuten, wollen wir Verbesserungsvorschläge anbringen.

Unsere Ziele lassen sich wie folgt umschreiben:

  • Förderung von Online-Wahlsysteme in der Schweiz
    Wir wollen mithelfen bei der Verbreitung von Online-Wahlsystemen in der Schweiz, sofern sie die Anforderungen in den Bereichen Sicherheit, Vertraulichkeit und Zuverlässigkeit erfüllen.
  • Sicherheit, Vertraulichkeit und Zuverlässigkeit
    Wir wollen mithelfen, das Vertrauen in Online-Wahlsysteme zu stärken, indem wir nach einer Analyse entsprechende Aussagen machen können. Fragen, die sich stellen:
    • Sind Online-Wahlsysteme zuverlässig?
    • Sind Online-Wahlsysteme störanfällig?
    • Sind Online-Wahlsysteme angreifbar?
    • Welche Garantie haben die Stimmberechtigten, dass alle ihre Stimmen korrekt gezählt wurden?
    • Welche Garantie hat der einzelne Stimmberechtigte, dass seine Stimme korrekt gezählt wurde?
  • Förderung der akademischen Forschung
    Wir wollen mithelfen, die akademische Forschung zum Thema Online-Wahlsysteme in der Schweiz voranzutreiben.
  • Bildung eines technischen Kompetenzzentrums für die Schweiz
    Wir wollen mithelfen, eine Drehscheibe für alle Fragen im technischen Bereich von Online-Wahlsystemen aufzubauen. Dies soll zu einem nationalen akademischen Kompetenznetzwerkes (Wissen, Austausch) führen.
  • Thematisierung E-Voting im Fachverein eCH
    Wir wollen mithelfen, Standards für Online-Wahlsysteme zu etablieren. Speziell wollen wir prüfen, inwieweit der OASIS Standard EML2 sich für die Systeme in der Schweiz eignen würde.
  • Bestimmung von Prozeduren und Regeln für die Zertifizierung
    Wir wollen mitwirken bei der Bestimmung von Prozeduren und Regeln für die Zertifizierung oder Zulassung von Online-Wahlsystemen.
  • Qualitätsstandards
    Wir wollen mitwirken beim Aufstellen von Qualitätsstandards.
  • Testspezifikationen
    Wir wollen beim Aufstellen von Testspezifikationen mithelfen. Dabei stellt sich auch die Frage, wie ein prüffähiges Online-Wahlsystem aussieht.
  • Drittmittel
    Um unsere technische Kompetenz weiter ausbauen zu können, wollen wir Fördermittel für die aktive Forschung im Bereich Online-Wahlsysteme beantragen.
  • Durchführung von Veranstaltungen
    Wir wollen periodisch Veranstaltungen zum Thema Online-Wahlsysteme organisieren.
  • Neue Standards
    Wir wollen das Aufkommen neuer Standards beobachten. Ausländische Standards, sogenannte Schutzprofile, sollen untersucht und, falls geeignet, auf die schweizerischen Systeme angewendet werden.
  • Neutraler Ansprechpartner
    Wir wollen neutraler Ansprechpartner für technische Belange von Online-Wahlsystemen sein. Dazu wollen wir die öffentliche Diskussion unter allen Fachpersonen fördern.

Unsere Kompetenzen

Unsere Gruppe ist noch jung, und dementsprechend sind unsere Leistungsausweise im Kerngebiet Online-Wahlsysteme noch gering.

Seit dem 1. Januar 2008 wird an der Berner Fachhochschule das Forschungsprojekt TrustVote3 durchgeführt. In diesem Projekt geht es um die Analyse der Online-Wahlsysteme der Schweiz, soweit möglich, und um das Aufstellen von Bedrohungsmodellen. Erste Resultate können gegen Ende des Jahres 2008 erwartet werden. Das Projekt dauert noch bis Mitte 2009.

Einzelne Mitglieder unserer Gruppe sind aktiv im Projekt FIDIS4 der Europäischen Union tätig. In diesem Rahmen beschäftigen sie sich mit Fragen der Modellierung von Identitäten und dem Schutz der Privatsphäre.

Die Berner Fachhochschule ist Partner des Konsortiums Certified Secure Web.5

Nebst den reinen Forschungstätigkeiten sind die meisten von uns in der Lehre im Bereich Security tätig:

  • Kryptographie
  • Programm- und Systemsicherheit
  • Sicherheit von Webanwendungen
  • XML-Sicherheit, Sicherheit in Webdiensten
  • Informationssicherheit, formale Methoden
  • Identitäten in der Informationsgesellschaft
1"Bericht über die Pilotprojekte zum Vote électronique", Schweizerischer Bundesrat, Bern.
http://www.bk.admin.ch/themen/pore/evoting/00776/02793/index.html.

3„TrustVote“, Forschungsprojekt der Berner Fachhochschule. https://www.ti.bfh.ch/index.php?id=5149, TrustVote im Suchfeld eingeben.

4„Future of Identity in the Information Society (FIDIS)“, Forschungsprojekt der EU. http://www.fidis.net/home/

5Certified Secure Web. https://www.certifiedsecureweb.com/